Die Philosophie des Ausscherers
Man stelle sich vor: Die Büchse der Pandora ist gar nicht mehr mit den Scheußlichkeiten der vergangenen Zeiten befüllt. Im Gegenteil! In der Büchse tummelten sich heute Erkenntnis und Lebensfreude und Optimismus und Zugewandtheit und Liebe – wir wüssten es bloß nicht. Aber wir reden uns ein, dass sie immer noch nur mit Strafen befüllt sei, so dass wir alle uns selbst vor der Büchse in Furcht halten. Wir wagen nicht, sie anzurühren. Die Geschichte aus der Vergangenheit bestimmt noch heute unser Verhalten. Und man stelle sich des Weiteren vor: Der eine oder andere machte sich die Furcht vor der Büchse noch heute zu Nutze. Sie würde als potenziell strafendes Instrument, welches über allem steht, wirken. Und wir alle würden daran glauben. Da kann die Pandora noch sehr lächeln und sagen: „Nimm.“ Wir sind misstrauisch geworden, weil wir einen Apfel eingeredet bekommen haben und eine Büchse, die uns nun durch die bloße Existenz in Schach halten kann, nicht durch ihre wahre Füllung und ihre Bestimmung. Es bräuchte nur eines Ausscherers, der sich von der gepflegten Angst nicht in Schrecken halten lässt.
Gezeichnet mit Bleistift, Fineliner und Pastellfarbe in ein Künstlerpapier-Heftchen (etwa 12 x 8 cm), die neu interpretierte Vorlage bildete ein Motiv von Felix Scheinberger.
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