Anno Posemuckel
Unsere Arbeit macht aus einer indviduellen Kuh Fleisch, aus einem individuellen Baum Holz und aus einer individuellen Pflanze Garn. Hannah Arend nannte das „Verallgemeinerung“ und schrieb: „Je organisierter (also spezialisierter) Arbeit ist, desto stärker setzt sich Verallgemeinerung als Materialisierung durch.“ Dazu ließe sich ergänzen: Weil wir in einer durchorganisierten Arbeitswelt leben, wo sich Spezialist an Spezialist im Prozess des Erschaffens reiht, ist unsere Sprache immer abstrakter (allgemeiner) und damit lebloser geworden, so wie aus dem Eiche, der Kuh, dem Flachs nach Verarbeitung etwas Totes wurde. Sprache der Arbeit ist tote Kommunikation. Sie ist fühllos und reizlos, weil sie nicht das Individuum, nicht den Einzelfall, sondern nur das spezialisierte Ganze beschreibt. Mehr noch: In einer Arbeitswelt, die immer mehr in das Private reicht, verschwindet auch lebendige Alltagssprache. Oder wann haben Sie das letzte Mal das Wort „anno Posemuckel“, „blümerant“ oder „Mumpitz“ in einer E-Mail geschrieben?
Die fiktive Stadt ist im Stil Lyonel Feiningers mit Fineliner und mit Wasser vertuschter Kohle in Größe einer Postkarte gemalt worden.
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